Punsch und Sirup aus neuen Schläuchen

Christof Schenk entwickelte Holderhof in wenigen Jahren zu einem Player auf dem Schweizer Getränkemarkt. Ihm verdanken wir auch die Weiterführung der Kultmarke Lacobi.

Mangelnde Zielstrebigkeit kann man Christof Schenk, 42, nicht vorwerfen. Er nimmt das Heft gerne selbst in die Hand und setzt seine Visionen in die Tat um. Bestes Beispiel dafür: die Lacobi Punsch-Flaschen, die auf dem Tisch des Besprechungsraums stehen, in dem wir uns befinden. Vor zwei Jahren hat er das Unternehmen Lacobi gekauft und die Marke mit über hundertjähriger Geschichte zum Teil seines Portfolios gemacht. «Es war unser härtester Mitbewerber. Ich habe das Gespräch gesucht, mit deren Unternehmensberater gesprochen und ihm meine Kaufabsicht sanft beigebracht – nach ca. einer Stunde stand der Deal.»

Zu den klaren Zielvorstellungen kommt auch ein guter Schuss unternehmerisches Geschick. Ob es jemanden gab, der ihm beim Aufbau des Unternehmens geholfen hat, wollen wir wissen. Christof Schenk muss nicht lange nachdenken. Die Weinkellerei Gasser aus Ellikon an der Thur hat ihn anfangs gecoacht und ihm die Grundzüge des Unternehmertums beigebracht, erinnert sich der gelernte Landwirt. Mit der Kellerei verbindet Holderhof noch heute unternehmerische Beziehungen. Das Gründungsprodukt «Holdertraum » wird dort produziert.

Wachstum aus Sicht eines Landwirts

Seine ursprüngliche Profession spielt noch heute eine Rolle für ihn. Christof Schenk wohnt auf einem Hof mit Pferden und baut selbst Kräuter und natürlich Holder an. «In gewisser Weise ist ein Landwirt ja auch ein Unternehmer. Der Unterschied ist: Wir machen die Produktionskette zu Ende. Vom Anbau über die Verarbeitung bis hin zum Verkauf machen wir alles selbst», so Schenk. Als Landwirt weiss er auch, dass man einen Baum erst setzen und warten muss, bis er Ertrag bringt. Ähnlich ist es in der Wirtschaft. «Man kann den Weg nicht abkürzen, der Faktor Zeit ist einfach gegeben.»

Zu wirtschaftlichem Wachstum hat Schenk eine klare Einstellung. Stillstand ist für ihn Rückschritt. «Wir hatten Jahre, da hiess es Umsatz verdoppeln, verdoppeln, verdoppeln – das ist nicht mehr nötig. Jetzt können wir das Wachstum verlangsamen. Aber solange ich da bin, ist das Unternehmen wachstumsgetrieben. Fünf bis zehn Prozent werden wir immer anstreben.» Die vergangenen zwei Jahre haben ihm gezeigt, dass dies der richtige Weg ist: «Man kann sagen, wir sind mit Glanz und Gloria durch die Corona-Krise gekommen. » Das Unternehmen nur zu halten, das könnte er nach Eigeneinschätzung gar nicht. «Ich will nicht warten, bis ich 65 bin, und nichts tun. Ich glaub nicht, dass das der richtige Weg ist.»

Richtige und richtungsweisende Entscheidungen

Wie wurde aus einem Landwirtschaftsbetrieb ein Unternehmen mit 70 Mitarbeitenden und rund 1'400 Artikeln? «Mit Glück», fasst Schenk es in einem Wort zusammen. Diesem Glück gingen jedoch zwei Umstände voraus, die den Unternehmergeist weckten und sicherlich eine Portion Mut erforderten. Denn als Schenk immer öfter auf seinen Holunderblüten sitzen blieb, fällte er die Entscheidung, selbst in die Sirupproduktion einzusteigen. Nach Holderblütensirup wurden später auch Himbeer- und Orangensirup nachgefragt. So ist das Ganze gewachsen. →

Von sechs Uhr am Morgen bis um fünf am Abend fühle ich mich als Unternehmer und danach als Landwirt.
Christof Schenk

Der zweite Umstand war die Abwertung des Euros im Jahr 2012. Als Unternehmen mit hohem Exportanteil musste Schenk handeln. Die Lösung: die Investition in eine eigene Abfüllanlage. «Danach ging es mit grossen Schritten aufwärts», so Schenk. 2019 folgte eine zweite Produktionshalle in Henau, 2022 ein Fruchtverarbeitungszentrum für Apfelsaft, Apfelmus und Beerenkonzentrate – als Bindeglied zwischen der Landwirtschaft und der Abfüllung. Für Schenk ein wichtiger Schritt in die Unabhängigkeit.

Enterprise Resource Planning

Heute produziert Holderhof private Label-Getränke für zahlreiche Unternehmen. Ein logistischer Aufwand, der nur mit modernster Infrastruktur zu stemmen ist. Vom Einkauf über die Produktionsplanung bis hin zum Verkauf ist alles in einem durchgängigen ERP-System erfasst.

Von der perfekten Organisation kann man sich in der Abfüllhalle ein eindrückliches Bild machen. Alle Abläufe sind digital erfasst – und rasend schnell. PET-Rohlinge werden im Streck-Zieh-Verfahren zu Flaschen geformt, wenige Sekunden später keimfrei befüllt, verschlossen und etikettiert. Bis zu 9'000 Flaschen verlassen pro Stunde die Anlage, begleitet von frischem Minze- und Holderduft.

Süsser Ausgang

Neben den Abfüllanlagen stehen vier stattliche Tanks. Was sich darin befindet? Jeweils 25 Tonnen Zucker gemischt mit Wasser, was uns wieder zurückbringt zu den Sirup- und Punschkreationen der Marke Lacobi. 100 Milliliter davon enthalten rund 85 Gramm Zucker.

Was uns noch immer interessiert: Wie der Deal mit dem Mitbewerber eigentlich in so kurzer Zeit zustande kommen konnte? Schenk wusste, dass bei Lacobi die Maschinen alt waren und grössere Investitionen hätten getätigt werden müssen, um den Betrieb langfristig weiterzuführen. In seiner neuen Abfüllhalle stand also die Lösung für beide Seiten. «Es war eine reibungslose Übernahme», erinnert sich Schenk. «Früher mussten wir uns auf dem Markt förmlich bekämpfen, heute trinken wir gerne Mal einen Kaffee miteinander. Es gab nie ein böses Wort.»

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