Wein im Wandel

Bio-Weinproduktion ist mittlerweile guter Ton.

Auch Wein ist den laufenden gesellschaftlichen, politischen und klimatischen Veränderungen unterworfen, welche die Welt bewegen. Gerade in den letzten 5 Jahren bekommen wir diese Veränderungen enorm zu spüren, sowohl in der Produktion und der Vermarktung als auch im Konsumverhalten.

Wein ist ein Kulturgut, welches vor über 10’000 Jahren im Südkaukasus kultiviert wurde. Von diesen Anfängen über die Antike bis zum heutigen Tag ist Wein mehr als einfach ein alkoholhaltiges Getränk. Wein ist ein Stück Kultur, welches aus unserem Leben kaum wegzudenken ist. In der Geschichte, im Glauben, in der Literatur und in der Musik, aber auch in unserem Alltag gehört Wein zu unseren steten Begleitern.

Doch die zunehmend rasante Entwicklung der Klimaerwärmung macht auch im Weinberg nicht halt. Steigende Durchschnittstemperaturen, akuter Wassermangel und eine unberechenbare Entwicklung des Wetters zwingen die Produzenten umzudenken. Rebsorten, welche seit Jahrhunderten Bestand hatten, müssen hinterfragt werden, ob dies wirklich noch die Zukunft ist. In Bordeaux wird geforscht, welche neuen hitzeresistenten Rebsorten in Zukunft noch angepflanzt werden können. In England hat man begonnen, hochwertigen Schaumwein zu produzieren, welcher Champagner künftig ablösen könnte. Weine aus dem Norden, welche früher nicht geniessbar waren, werden dank des wärmeren Klimas eine Alternative zu den Weinen aus südlichen Gefilden bieten. Neue Anbaumethoden zur Regulation des Wassers gehören ebenfalls zu den Überlegungen, welche sich der Winzer machen muss, um einen korrekten Wasserhaushalt in seinen Rebbergen sicherzustellen. So möchte man durch das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und Kräutern in den Reben eine grössere Biodiversität erzielen, um in Zukunft die Ernten zu retten.

Biologischer, naturnaher Weinbau zum Schutz der Böden ist eine andere Variante, um den zunehmend schwierigen klimatischen Bedingungen zu begegnen. Während vor rund 20 Jahren gerade mal eine Handvoll Weinproduzenten an die naturnahe Produktion glaubten, gehört es mittlerweile zum guten Ton, biologisch oder biodynamisch zu produzieren.

Doch auch das Konsumverhalten scheint extremen Veränderungen unterworfen. Noch nie gab es eine solche Vielfalt an Getränken wie heute – ob mit oder ohne Alkohol. Viele Konsumenten verzichten zum Beispiel aufgrund ihrer Gesundheit oder ihres Glaubens auf alkoholische Getränke. Alternativen zum Wein sind aromatisierte Getränke. Aromatisiertes Bier, alkoholfreie Spirituosen und entalkoholisierter Wein sind auf dem Markt verfügbar. Daneben kauft der grösste Teil der Konsumenten heute nicht mehr auf Lager, um den Wein reifen zu lassen, über 80% der Weingeniesser konsumieren den Wein am gleichen Tag, wie sie ihn gekauft haben. Gerade junge Kundinnen und Kunden kennen das Lagern von Weinen nicht und geniessen zudem mehr Weisswein und Rosé als Rotwein.

Dies entspricht auch dem Zeitgeist nach leichterem frischem Genuss und Wellness.

Die Weinproduktion und der Handel müssen sich auch auf alle diese Tendenzen einstellen! Dies bedeutet, dass mehr leichter und frischer Weisswein produziert werden muss. Zudem muss er sofort konsumierbar sein. Eine Lagerung vor dem Genuss interessiert nicht! Die qualitative Verbesserung von entalkoholisiertem Wein wird vorangetrieben, wobei die Formel für guten alkoholfreien Wein bis jetzt noch nicht gefunden wurde. Aber auch die Flaschengrössen dürfen schliesslich in Frage gestellt werden. Die Zukunft gehört nicht allein der klassischen 7,5-dl-Flasche, Dosen und Kleinflaschen für den Sofortgenuss werden immer populärer.

Abschliessend stellt sich auch noch die Frage, wie wir Neu- oder Jungkonsumenten wieder zum Wein bringen. Angesichts der Vielfalt des Getränkeangebots scheint das die herausforderndste Aufgabe. Die Weinwelt muss sich neu erfinden!

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