Kleiner Spross ganz gross
Er ist der Jungspund unter den Kohlsorten: Rosenkohl. Verantwortlich für so manches Kindheitstrauma, wächst er langsam zum Trendgemüse heran. Dank raffinierter Rezepte und neuer Züchtungen.
Raten Sie, wie lange Rosenkohl schon in der Schweiz zuhause ist. Erst seit gut 50 Jahren. Eine vergleichsweise kurze Zeit, in der er sich ein umso gefestigteres Image angeeignet hat. Und das ist keineswegs einheitlich. Von den einen wird er als ziemlich bittere Laune der Natur verschmäht, von anderen für seine Vielseitigkeit, seine gesunden Inhaltsstoffe und nicht zuletzt für seinen feinen Geschmack gefeiert
Bitter?
Das war einmal! Wissenschaftler wollen herausgefunden haben, dass die Wahrnehmung von Bitterstoffen genetisch bedingt ist. Den Blumenkohl-Gegnern ist also kein Vorwurf zu machen. Oder vielleicht doch? Denn seit das Kreuzblütengewächs Anfang des 19. Jahrhunderts von Brüssel ausgehend seine Verbreitung in Europa fand, hat es sich geschmacklich in unterschiedliche Richtungen verändert. Von den Bitterstoffen ist bei den Neuzüchtungen nicht mehr viel zu spüren. Manche Sorten enthalten sogar gar keine mehr, sondern punkten vielmehr mit einer dezent nussigen Note.
Kleine Rosenkohl-Kunde
Die Sorten des Rosenkohls lassen sich in frühe und späte einteilen. Die Meinung, dass späte Sorten, die einen ersten Frost durchlebt haben, milder und von besserer Qualität sind, wurde inzwischen widerlegt. Tatsächlich sind frühe und späte Sorten geschmacklich gleich gut. Der ideale Reifegrad für den Verzehr hängt nämlich von den sogenannten Vegetationstagen ab, welche sortenabhängig sind und so die Staffelung in der Saison hervorbringen. Zu den frühen Sorten gehören Züchtungen wie Hossa, Predora und Wilhelmsburger. Späte Sorten tragen Namen wie Boxer, Zitadell, Fortress, Harald, Ideal oder Igor.
Rund und g’sund
Dass Rosenkohl ausgerechnet in der kalten Jahreszeit Saison hat, ist ein Glücksfall. Denn sein Gehalt an Vitamin C ist ausserordentlich hoch: Schon 100 Gramm der grünen Kügelchen decken mehr als 100 Prozent des Tagesbedarfs eines Erwachsenen ab. Bei nur rund 40 Kalorien. Damit nicht genug: Sie enthalten auch das für die Blutgerinnung wichtige Vitamin K, Vitamin B, Magnesium und Eisen. In den USA wird das Gemüse mit dem Titel «Superfood» geadelt. Die bitteren Sorten senken den Cholesterinspiegel und helfen dem Magen-Darm-Trakt, Fett besser aufzuspalten. «Chou de Bruxelles» – wie Rosenkohl wegen seiner Herkunft auch genannt wird – entwickelte sich dank seiner wertvollen Nährstoffe und einfachen Anbauweise schnell zu einem beliebten Herbst- und Wintergemüse. Während einer Saison werden in der Schweiz rund 850 Tonnen Rosenkohl geerntet. Was ein einzelnes Rosenkohl-Röschen wiegt? Ca. 15 Gramm.
Zubereitung: nach Belieben
Rosenkohl schmeckt sowohl als Beilage zu Wild, Fleisch und Geflügel. Besonders gut passt Rosenkohl auch zu Speck oder Schinken. Aber auch mit Cranberries verträgt er sich gut und sorgt so für einen Hauch Exotik. Mit einem Schuss Balsamico gewürzt, zeigt er seinen vollen Geschmack. Und zusammen mit würzigem Käse wird er zum Star beim Fondue. Er macht aber auch als Hauptdarsteller auf dem Teller eine gute Figur. Verarbeitet zu Suppe, Aufläufen oder Salaten. Gekocht, schonend gedünstet oder zerpflückt und in Butter gebraten. Kleiner Tipp: Damit die Röschen gleichmässig garen, den Stielansatz vor der Zubereitung kreuzartig einschneiden.
Fest mit Freunden
Weihnachten steht vor der Tür. Eine Zeit, in der wir gerne Traditionen aufleben lassen und uns von unserer besten Seite zeigen wollen. Beste Gelegenheit, auch dem Rosenkohl eine Chance zu geben und etwaige Vorurteile aus der Kindheit abzustreifen. Es könnte eine neue Freundschaft entstehen.