Ein Restaurant für Gazals Rezepte

Wer in Winterthur ins Ciko’s kommt, erlebt kulturelle Offenheit und kulinarische Vielfalt – das Beste aus unterschiedlichsten Welten.

Das Ciko’s könnte sich genauso gut im angesagten, pulsierenden und vor allem multikulturellen Berliner Bezirk Kreuzberg befinden. Tut es aber nicht. Vor gut vier Monaten hat es in der Guggenbühlstrasse in Winterthur eröffnet. Einem einfachen Wohnviertel. In der Nähe befinden sich ein Supermarkt und ein Autohaus. Drinnen schallt leise elektronische Musik aus den Lautsprechern. An einem Tisch sitzen zwei Männer, trinken Tee und unterhalten sich. An einem anderen Tisch wartet eine ältere Dame. Es ist Gazal Kinar, der gute Geist des Hauses. Sie ist in Urfa, im Südosten der Türkei, geboren und kam 1993 in die Schweiz.

Eine Idee köchelte vor sich hin

Gazal und ihr Mann hatten vor gut 15 Jahren bereits einen Kebab-Imbiss, den TechPoint beim Bahnhof. «Er lief sehr gut», sagt Gazal, «aber ich wollte für die Familie da sein. Die Kinder und ihre Ausbildung, das war mir das Wichtigste. Deshalb haben wir nach einem Jahr mit dem Imbiss aufgehört.»

Heute sind die Kinder gross und stehen – ganz nach Gazals Vorstellungen – fest im Berufsleben. Der Gedanke, man könnte ja wieder einmal ein Restaurant eröffnen, war aber immer im Kopf. Eines Tages wurde das Lokal in der Guggenbühlstrasse frei. Gazals Mann, der bei einem Restaurant-Zulieferer arbeitet und ein Auge für gute Standorte hat, versuchte seinen Sohn Cihan von der Idee eines eigenen Restaurants zu überzeugen. Der war nicht gleich Feuer und Flamme, gibt er offen zu. Er malte es sich dann immer detaillierter aus: den Style, das Essen – inspiriert von der Küche seiner Mutter – und die Möglichkeit, einen Ort zu haben, wo alle hingehen können. Ende 2021 war der Entschluss für das «Ciko’s» gefasst.

Die ganze Familie packte mit an. Viel Freizeit wurde in das gemeinsame Projekt investiert. Eine zusätzliche Herausforderung war die Tatsache, dass Cihan berufsbedingt in Berlin wohnt und vieles aus der Distanz erledigen musste. Sein Vater, der Stratege der Familie, war vor Ort auf der Baustelle. Gazals Tochter Müzeyen steuerte einige kreativen Ideen bei und Gazal selbst die Rezepte für die klassischen türkischen Gerichte.

Erfolgsrezepte

«Die Rezepte meiner Mutter sind besonders gut», sagt Cihan und erinnert sich zurück an seine Kindheit: «Meine damaligen Freunde aus Brasilien liessen ihre Nudeln mit Sauce stehen und wollten immer ihre Gerichte probieren. Auch als wir bei anderen kurdischen Eltern zuhause waren, ist uns bewusst geworden, wie gut unsere Mami kocht.» Das Kochen hat Gazal von ihrer eigenen Mutter und Grossmutter gelernt. Auch die Zubereitung von Çiğ Köfte, eine Spezialität ihrer Heimatstadt. «Viele Leute kommen extra dafür zu uns», erzählt sie.

Die Karte ist dennoch breit gefächert. Denn das Ciko’s will für Menschen aller Kulturen, Schichten und jeden Alters offen sein. Dass das Lokal zwei Bereiche hat, kommt diesem Wunsch entgegen. Einen Takeaway- und einen Restaurant/Bar-Bereich. «Ältere Damen können bei uns Prosecco trinken, Kiddies können einen Döner essen. Zu uns kommen einfache Handwerker genauso wie Leute mit höheren Ansprüchen», sagt Cihan. «Zwischen vorderem und hinterem Teil gibt es keine Abtrennung, jeder wird gleich behandelt.»

«Die Leute fragen teilweise, ob das Ciko’s eine Kette ist.»
Cihan Kinar

Ein Teil der Familie: Thekla

Für die Gästebetreuung und die Führung des Teams ist Thekla Schmitt verantwortlich. Sie kommt ursprünglich aus der Fränkischen Schweiz in Deutschland, hat bereits 17 Jahre Erfahrung in Hotels, Clubs und Restaurants gesammelt und ist damit ein echter Glücksgriff. Mehr noch: Ihrer herzlichen, offenen Art und einem «Trick» ihres heutigen Chefs Cihan ist es zu verdanken, dass sie so etwas wie ein Teil der Familie geworden ist.

Thekla wurde bereits vor der Restauranteröffnung angestellt und sollte sich bei Gazal Wissen über die Gerichte aneignen. Wenn sie sich an den Beginn der Zusammenarbeit zurückerinnert, muss sie lachen: «Plötzlich stand ich vor Gazals Haustüre, wusste nicht, ob ich richtig bin, oder nicht – aber so lernte ich nicht nur die Gerichte kennen, sondern wurde auch super in die Familie aufgenommen.»

Gastfreundschaft in der Guggenbühlstrasse

Die Restaurant-Ausstattung, die Karte und das gesamte Team – all das trägt die weltoffene und verbindende Handschrift von Cihan und seiner Familie. «Meine Abschlussarbeit handelte bereits vom Leben in zwei Kulturen», sagt Cihan. Er fühle sich zwar als Schweizer, will aber die elterliche Kultur der Gastfreundschaft auch anderen näherbringen. Das kommt gut an. «Die Leute fragen teilweise, ob das Ciko’s eine Kette ist», schmunzelt Cihan – eine Vorstellung, der er nicht abgeneigt zu sein scheint.

Kleinere Ideen für die Zukunft gibt es bereits: einen türkischen z’Morga zum Beispiel, Grill-Angebote am Wochenende oder der Ausbau des Aussenbereichs für einen kleinen Glacé-Stand. All das brauche noch Zeit. Eines kann man aber schon jetzt sehen: Gazals grösster Wunsch ist auf dem besten Weg, in Erfüllung zu gehen: Dass das Ciko’s lange bestehen bleibt und vielen Menschen in der Guggenbühlstrasse und darüber hinaus Freude bereiten wird.

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