Die Löwenbändiger
Löwen sind faszinierend. Bekannt für ihre Stärke, ihre Grösse und ihren sprichwörtlichen Löwenmut. Gleichzeitig sind sie jedoch auch soziale Wesen, die die Gesellschaft lieben. Treffender könnte der Gasthausname im Fall des «Löwen» in Hausen am Albis nicht sein. Das stattliche Gebäude mit Freitreppe steht seit über 300 Jahren auf dem nach ihm benannten Löwenplatz. Das Haus mit Tavernenrecht, das auf Napoleon zurückgeht, ist eine gastronomische Institution und überregional bekannt – auf der einen Seite. Gleichzeitig ist es aber auch eine charmante Dorfbeiz, die sich als Treffpunkt für den Ort versteht.
Elementar fürs Dorfleben
Dass dem auch heute so ist, verdanken wir Joelle Apter und Michael von Arx. Sie sind Quereinsteiger und wollten nachdem sie mehrere Start-ups gegründet hatten mit knapp 40 Jahren noch einmal etwas Neues wagen. «Ich bin im Ort aufgewachsen und wollte nicht, dass es zueinem Immobilienprojekt mit Wohnungen wird», sagtMichael. «Die Leute freuen sich, dass etwas los ist im Dorf», ergänzt Joelle, Humanbiologin und vierfache ‹Löwenmutter›. «Wir sind hier im Zentrum und haben einen gewissen Impact aufs Dorfleben. Wenn ein Haus wie unseres zumacht und Wohnungen daraus werden, wird es ein ‹Schlafdorf›.»
Hausen am Albis hat gut 3'000 Einwohner. Viele davon feiern regelmässig Fasnacht, Hochzeiten, Geburtstage und Vereinsanlässe in der Dorfbeiz. Dafür sind Joelle und Michael dankbar. In der kurzen Zeit, in der sie nun den Löwen führen, lebte das Dorf spürbar auf. In der Nähe eröffneten ein Kebab-Imbiss, ein Asia-Restaurant und eine Café-Bäckerei. Weitere Zeichen für ein gesundes Dorfleben.
Internet-Rezensionen? Mega wichtig!
Nicht nur in den Gasträumen ist die Stimmung auffallend gut. Auch im Internet sind die Rezensionen zum allergrössten Teil positiv. «Wir haben selbst eine berufliche Vergangenheit mit Bewertungen», erklärt Michael. Sie waren die Gründer einer Vergleichsplattform für Fahrlehrer, Anwälte, Zahnärzte etc., die sie Anfang 2019 an Swisscom Directories verkauft haben. Und es war immer die Rechtfertigung gegenüber ihren Kunden, dass ein Open Reputation System hilft, die eigene Performance zu verbessern. «Jetzt sind wir selbst in der Position und werden bewertet. Das ist schon eine Umstellung», gestehen sie, «für die man ein dickes Fell braucht.»
Ihr Tipp bei schlechten Bewertungen: Erst eine Nacht darüber schlafen. Es ist hart, wenn man sich Mühe gibt und es kommt eine schlechte Bewertung. Konstruktive Kritik sollte man ernst nehmen und daraus lernen. Umso schöner sind aber die positiven Kommentare.
Was noch zum Unternehmenserfolg beiträgt? Flache Hierarchien und das Zwischenmenschliche. «In einer Küche herrscht oft ein rauer Ton. Das wollten wir nicht. Bei uns gibt es einen ehrlichen und respektvollen Umgang und immer einen Vertrauensvorschuss», sagt Joelle. Das Resultat sind unter anderem extrem wenig Krankheitstage. Michael ist zudem ein Fan von Checklisten, die abgearbeitet, unterschrieben und abgegeben werden. Das hebe die Qualität spürbar.
Gut gebaut, Löwe!
Im obersten Stock gibt es seit neuestem frisch renovierte Homeoffice-Einzelbüros zu mieten. Sie sind buchstäblich die Spitze des umfassenden Sanierungsprojekts «Löwen» und wohl ein echter unternehmerischer Trumpf in der Corona-Zeit. Völlig umgestaltet wurden von den Gastgebern auch der Bankettsaal, der Weinkeller und die Bar. Letztere waren vorher ungeheizte Lagerräume. Im Mai 2019 wurde der Biergarten fertiggestellt, massiv vergrössert, um ein gleichmässiges Platzangebot im Sommer wie im Winter zu schaffen. Nur so können die rund 21 Angestellten ganzjährig ausgelastet werden. Vor gut einem Jahr wurde die gesamte Produktion optimiert, mit einem neuen Warenlift als Herzstück. So können parallel Bankette vorbereitet und bedient sowie À-lacarte- Gerichte gekocht werden. Mit weniger Stress in der Küche und schnellen Servicezeiten.Im Gastraum, wo wir sitzen, wurde bewusst «nur» das Mobiliar ersetzt. Aus dem hinteren Bereich erklingt soeben ein gesungenes «Happy Birthday». Joelle und Michael unterbrechen spontan unser Gespräch, stimmen mit ein und sind sichtlich Teil der Geburtstagsgesellschaft.